Quelle: https://www.zeit.de/digital/2024-04/digitalpakt-schule-digitalisierung-lehrkraefte-wirkung
Vor fünf Jahren stellte die Bundesregierung fünf Milliarden Euro für die Digitalisierung der Schulen bereit. Jetzt, da der Digitalpakt Schule ausläuft, stellt sich die Frage: Hat das Geld wirklich etwas bewirkt? Ein Beispiel für die Umsetzung des Digitalpakts ist die Hoffmann-von-Fallersleben Realschule in Wolfsburg. Norman Graf, stellvertretender Schulleiter und inoffizieller IT-Beauftragter, zeigt, wie viel zusätzliche Arbeit der Digitalpakt für Lehrer bedeutet. Neben seinem Unterricht muss er sich um die Wartung von 666 Tablets kümmern – eine Aufgabe, für die er eigentlich nicht ausgebildet ist und die viel Zeit beansprucht, die ihm dann im Unterricht fehlt.
Der Weg zur Digitalisierung war und ist bürokratisch kompliziert. Graf erinnert sich an den aufwändigen Antrag, der vor fünf Jahren gestellt werden musste, um Fördermittel zu erhalten – ein Verfahren, das er mit einer Bachelorarbeit vergleicht. Diese bürokratischen Hürden führten dazu, dass viele Schulen erst spät von den Mitteln profitieren konnten. Die Erfolgsmessung des Digitalpakts gestaltet sich ebenfalls schwierig. Zwar gibt es die ICILS-Studie, die internationale Vergleiche der digitalen Kompetenzen von Schülern ermöglicht, jedoch liegt die neueste Auswertung noch nicht vor. Auch eine wissenschaftliche Evaluation des Digitalpakts startete erst im vergangenen Jahr, sodass Ergebnisse erst 2027 erwartet werden. Bisher veröffentlichte Fortschrittsberichte skizzieren lediglich einzelne Projekte und bieten keinen umfassenden Überblick.
Umfragen vermitteln einen gemischten Eindruck von den Fortschritten. Während 2019 nur jede dritte Schulleitung über digitale Endgeräte verfügte, wird heute in zwei Dritteln der Schulen täglich digital gearbeitet. Dennoch bleibt die Ausstattung vieler Schulen unzureichend. Im vergangenen Jahr gab immer noch jede zehnte Schule an, ohne digitale Geräte auszukommen. Das Bildungsministerium misst den Erfolg des Digitalpakts anhand von zwei Hauptindikatoren: Mittelbindung und Mittelabfluss. Die Mittelbindung – also die Bewilligung und Planung der Gelder – ist nahezu vollständig erfolgt. Der Mittelabfluss, also die tatsächliche Auszahlung und Nutzung der Gelder, bleibt jedoch problematisch. In einigen Bundesländern wie dem Saarland und Sachsen-Anhalt sind erst etwa zehn Prozent der Mittel abgeflossen. Diese niedrigen Zahlen verdeutlichen, dass viele Maßnahmen noch nicht abgeschlossen sind.
Der Bundesrechnungshof hat den Digitalpakt scharf kritisiert und empfohlen, das Programm nicht zu verlängern. Es bleibt unklar, ob die bereitgestellten Mittel effektiv genutzt wurden oder ob Geräte ungenutzt in den Kellern der Schulen verstauben. Lehrer wie Norman Graf, die neben ihrem Unterricht auch noch den IT-Support übernehmen müssen, sind ein Symptom für die strukturellen Probleme, die es zu lösen gilt. Die Verhandlungen über eine Anschlussfinanzierung laufen bereits, und ein erstes Papier zum Digitalpakt 2.0 ist durchgesickert. Doch wie viel Geld tatsächlich bereitgestellt werden soll, bleibt unklar. Es steht fest, dass die digitale Bildung in Deutschland weiterhin große Investitionen und vor allem eine bessere Unterstützung der Lehrkräfte benötigt.
Der Digitalpakt Schule hat erste Fortschritte gebracht, aber auch erhebliche Herausforderungen aufgezeigt. Um die Digitalisierung der Schulen voranzutreiben, müssen bürokratische Hürden abgebaut und die Rolle der Lehrer neu definiert werden. Nur so kann gewährleistet werden, dass die zur Verfügung gestellten Mittel auch tatsächlich den gewünschten Effekt haben und die digitale Bildung in Deutschland nachhaltig verbessert wird.